Training macht den E-Bike-Meister

Wer auf ein motorisiertes Fahrrad umsteigt, sollte sich gut vorbereiten. Gerade für Senioren zahlt sich ein Kurs bei der Kreisverkehrswacht aus - denn Sicherheit geht vor.
Der Trend zum E-Bike ist ungebrochen. Leider passieren auch mehr Unfälle, seit die motorisierten Fahrräder auf den Straßen unterwegs sind. Das Hauptproblem: Vor allem die Altersgruppe, die körperlich bereits abbaut, rüstet technisch auf. Die Kreisverkehrswacht bietet deshalb regelmäßig Trainingskurse für Senioren an.

Die Zahl der Unfälle mit Pedelecs ist laut Statistischem Bundesamt seit 2014 stark gestiegen. Demnach registrierte die Polizei vor acht Jahren 2.245 Pedelec-Unfälle mit Personenschaden. 2021 lag die Zahl mit 17.285 fast siebenmal so hoch. Häufig waren diese Unfälle schwerwiegender als solche mit Fahrrädern ohne Motor.
Auch auf Straubings Straßen fahren immer mehr E-Bikes. „Der Anteil an motorisierten Rädern nimmt zu, das ist nicht zu übersehen“, bestätigt Dieter Kluske, stellvertretender Vorsitzende der Kreisverkehrswacht und Moderator für Fahrradtraining im Seniorenbereich.
Umstellung ist nicht so einfach, wie viele meinen
Er erklärt, dass die Umstellung vom normalen Rad auf ein motorisiertes Exemplar nicht so einfach sei, wie viele annehmen. „Das ist ein ganz anderes Fahren.“ Währen ein durchschnittliches Radl sechs bis acht Kilo auf die Waage bringt, wiegt ein E-Bike „locker über 20 Kilo“. Dementsprechend mehr Energie werde auch zum Bremsen benötigt. „Aus diesem Grund haben die Räder sehr gute Bremsen. Und wenn man sie nicht richtig dosiert, kann es zu schlimmen Stürzen kommen“.
Inzwischen entdecken auch viele junge Leute, wie viel Spaß ein Fahrrad mit elektrischer Unterstützung machen kann. „Doch den Großteil der E-Bike-Fahrer machen nach wie vor ältere Verkehrsteilnehmer aus“, unterstreicht Kluske. Grundsätzlich sei das natürlich kein Problem. „Man muss sich nur bewusst machen, dass es zu ganz normalen altersbedingten Beeinträchtigungen kommt.“ So lasse das Gehör und das Seh- und Reaktionsvermögen mit zunehmenden Alter einfach nach. „Da kann man noch so sportlich sein.“
Die eigene Fitness realistisch einzuschätzen, sei daher schon einmal ein guter Anfang. „Kann ich das Gleichgewicht halten und gleichzeitig nach hinten umschauen und den Arm rausstrecken?“ Was sich selbstverständlich anhört, ist es oftmals nicht. In den Kursen der Kreisverkehrswacht würden die Teilnehmer häufig beklagen, dass es ihnen Angst macht, wenn ein Auto beim Überholen nur 1,50 Meter Seitenabstand einhalten muss. „Doch es passieren so gut wie keine Unfälle, die auf zu wenig Abstand zurückzuführen sind. Das ist eher das persönliche Empfinden der Radfahrer.“ Kluske empfiehlt, regelmäßig zum Seh- und Hörtest zu gehen. „Dann fühlt mach sich auch sicherer.“
Wer sich ein E-Bike oder Pedelec anschaffen will, sollte sich auf jeden Fall in fachkundige Hände begeben. Denn Rahmen und Größe müssen unbedingt auf den Fahrer abgestimmt sein. „Außerdem gibt es verschiedenen Antriebsarten“ so Kluske. Der Motor könne vorne, mittig oder am Heck sitzen. Eine Probefahrt sei deshalb unbedingt empfehlenswert.
Wer sich ein perfektes Rad ausgesucht hat, kann viel Freude damit haben. „eine wirklich tolle Sache“, sagt Kluske, der selbst begeisterter E-Biker ist. „In der Stadt wird gerade sehr viel für den Fahrradverkehr getan. Das gefällt mir gut.“ Jahrzehntelang sei die Verkehrspolitik auf Autos zugeschnitten gewesen. „Da kann man natürlich nicht von heute auf morgen alles verändern. Doch es wurden schon viele sinnvolle Maßnahmen angepackt.“
Höhe Geschwindigkeit lässt sich relativ leicht erreichen
Denn bei aller Freude am Radeln, ob mit oder ohne elektrischer Unterstützung: An erster Stelle sollte stets das Thema Sicherheit stehen. „Mit den E-Bikes erreicht man doch relativ leicht eine hohe Geschwindigkeit. Das wird gerne unterschätzt. Sowohl von den Radfahrern selbst, als auch von den anderen Verkehrsteilnehmern.“ Oberste Priorität habe für ihn deshalb das Tragen eines Helms. „Ich finde nicht, dass man das unbedingt über eine Pflicht regeln muss“ so Kluske weiter. Vielmehr solle jeder selbst das Bewusstsein dafür entwickeln wie man mit einer relativ einfachen Maßnahme seinen Kopf schützen kann.

Im Schnitt zehn Unfälle pro Jahr
Pedelecs sind Fahrräder mit Elektromotor, die nur beim Treten bis 25 Stundenkilometer unterstützten. Sie sind in Deutschland die gängigsten E-Bikes geworden, deshalb wird bei der Begrifflichkeit nur selten unterschieden.
In Straubing sind 2021 elf Unfälle mit Pedelecs passiert. Das teilt Ronny Graßl, Sachbearbeiter Verkehr bei der Polizeiinspektion, auf Nachfrage mit. Zum Vergleich: 2017 waren es nur zwei. „Damals gab es natürliche auch noch kaum Pedelecs in der Stadt“, fügt Graßl an. In den vergangenen Jahren habe sich die durchschnittliche Unfallzahl auf zehn pro Jahr eingependelt. Der Blick in seine Statistik zeigt noch ein weiteres Detail: Zwischen August 2020 und August 2022 ist es zu 21-Pedelec-Unfällen im Stadtgebiet gekommen. Bei sechs Unfällen waren Senioren beteiligt. Es kommen also nicht nur Menschen ab 65 Jahren mit ihrem E-Bike in gefährliche Situationen. „Sogar ein Schulwegunfall war dabei,“ verdeutlicht Graßl.
Er befürwortet, das Fahrradtraining der Kreisverkehrswacht, das eigentlich jeder absolvieren sollte, der sich ein E-Bike anschafft. Auch das Tragen eines Helmes sollte selbstverständlich sein. Denn oftmals kommen Fahrradfahrer ohne Fremdeinwirkung zu Stur. „Da reicht eine Bordsteinkante oder eine Kurve, in der man zu schnell geworden ist“, berichtet er aus seiner Erfahrung. Gefährlich kann es auch beim Abbiegen mit dem Auto werden. „Dabei passieren die meisten Unfälle“, bestätigt Dieter Kluske von der Kreisverkehrswacht. „Ein Auto will nach rechts abbiegen und übersieht den Fahrradfahrer auf dem Radweg oder unterschätz seine Geschwindigkeit.“ Eine „ganz schlimme Sache“ sei es wenn die Autotür aufgerissen wird, ohne sich umzusehen. Der Fahrradfahrer habe keine Chance und pralle gegen die offene Tür. Kluske empfiehlt, sich den sogenannten „Holland-Griff“ anzugewöhnen: „Die linke Autotür mit der rechten Hand öffnen, dann dreht man sich automatisch um und blickt nach hinten.“
Fahrradfahrer müssten sich genauso wie alle anderen Verkehrsteilnehmer an die Regeln halten, meint Kluske schmunzelnd. Stichwort Geisterradler und schnell über die rote Ampel huschen. „Ich bin ein Freund der Paragraphen 1 der Straßenverkehrsordnung: Die Teilnahme am Straßenverkehr erfordert ständige Vorsicht und gegenseitige Rücksicht.“ Dann würde es auf den Straßen wesentlich ruhiger zugehen.
Quelle: „Straubinger Tagblatt“

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